Mittwoch, 2. September 2009

Alles außer cool

Der Sporttextilhersteller JAKO hat sich viel Mühe gegeben. Ein neues Logo, ja ein neues Image musste her:


Logo-Mashup von boocompany.com


“Der neue Markenauftritt bringt unseren Spirit genau auf den Punkt: Leidenschaft für Sport, Leidenschaft für Design und leidenschaftliches Engagement in allem, was wir für unsere Kunden tun. Ehrliche, faire Sportkultur mit echtem Sportsgeist, der von uns allen gelebt wird: LIVING SPORTS.”

so wird wahrscheinlich JAKO auf designtagebuch.de zitiert. Auch kümmert man sich rührig um den Nachwuchs, lässt also nichts unversucht, um sich und seine schwitz- und bewegungstolerante Oberbekleidung mit einem positiven, ja coolem Image zu versehen. Da ist es natürlich mehr als störend, wenn einer dieser sogenannten Blogger an diesem neuen positiven Bild kratzt, ja die Unverschämtheit besitzt die Lifestyleikone JAKO in einem Atemzug mit Discountern wie Aldi oder Lidl zu nennen und, was für eine ausgemachte Frechheit, daß schicke neue Logo irgendwie nicht so toll zu finden (Der genaue Wortlaut kann hier nicht wiedergegeben werden, da der Ursprungsartikel (noch) nicht auf WikiLeaks vorliegt...).
Der Blogger wurde jedenfalls Abgemahnt und lenkte, wohl gegen jede juristische Vernunft, sogar ein, da ein Rechtsstreit seine finanziellen Möglichkeiten bei weitem übersteigen würde. Das alles wäre schon bis hier her eine sehr traurige Geschichte. Das dicke Ende aber, kommt noch. Obwohl besagter Blogger Trainer Baade den Eintrag aus seinem Blog getilgt hatte. War er immer noch auf den Seiten des News-Aggregators newstin.de zu lesen. Trainer Baade hatte darauf selbstverständlich keinen Einfluss. JAKO ließ sich darauf hin zu einer weiteren Abmahnung in beträchtlicher Höhe und wider jede Vernunft gegen den Trainer hinreißen. Das alles ist bereits ausführlich auf allesaussersport.de Dokumentiert.
Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Tags wie #JAKO schnellten in den einschlägigen Twitter-Trends nach oben und überflügelten Zeitweise populäre Themen wie die Bundestagswahl. Die Blogs hatten für den heutigen Tag ihr Thema gefunden. Zeitweise wurden unter dem Twitter-Account jako_de positiv dümmliche Firmen-Statements abgegeben. Dieser Account stellte sich jedoch hinterher als Fake heraus. Das hier gefaked wird, unterstreicht jedoch nur die Bedeutung des Themas. Auf Boocompany.com läuft gibt es bereits mehrere Mashups des Logos.
JAKO hat heute lernen müssen, wie sehr sich die Mechanismen von Public Relations in den letzten Jahren verändert haben. Wobei man sich noch glücklich schätzen kann, dass Udo Vetter von Lawblog.de zur Zeit im Urlaub ist und deshalb fundierte juristische Kommentare zum Sachverhalt, zunmindest von dieser Seite, bisher ausblieben. Die Marke JAKO scheint jedoch auf alle Zeiten verbrannt und plötzlich das Gegenteil von cool zu sein. Wenn jemals ein Versuch, ein positive Image herzustellen, nach hinten losgegangen ist, dann ist dies hier geschehen.
Update:
Ruhrbarone berichtet inzwischen:
Andrea Hay von der Jako-Pressestelle räumt im Gespräch mit den Ruhrbaronen ein, dass sie den Imageschaden den Jako durch die laufende Berichterstattung erlitten habe, nicht abschätzen könne und will auf Trainer Baade zugehen um mit einer gemeinsamen Erklärung die "Sache richtig zu stellen." Für sie ist das alles ein Mißverständis. Für Trainer Baade allerdings einen finanzielle Belastung. Näher auf den Fall eingehen wollte Hay aber am Telefon nicht. Man wolle andere Wege der Kommunikation suchen. Ein solcher Weg wäre eine Erklärung, aus der hervorgeht, dass man sich eine andere Anwaltskanzlei nimmt und Baade in Ruhe lässt.
Offensichtlich hat man immer noch nicht begriffen, dass man diese Abmahnung jetzt erst mal ohne jegliche Vorbedingungen zurückziehen muss. Das Markenimage bleibt, auch nach dieser "Taktischen Reaktion" dauerhaft beschädigt.
Mittlerweile berichtet auch der Spiegel.
Update 2: Das Handelsblatt und Meedia berichten, das es inzwischen wohl ein Angebot von JAKO an Trainer Baade gibt:
Frank Baade dagegen verrät: Die zweite Forderung über 5 100 Euro hat Jako schon fallen lassen. Auch die erste könne man vergessen, wenn Baade einen Blog-Artikel veröffentliche, in dem er dem Unternehmen ein freundliches Verhalten bescheinige. „Aber das stimmt einfach nicht“, sagt Baade: „Die sind nur eingeknickt, weil es eine Öffentlichkeit gibt.“ Nun wartet er ab.
Update 3:





Update 4:
Der Textberater gibt wichtige Tipps zum "Meistern der PR-Misere"

Update 5:

Die Taz schreibt unter dem Titel Jako und die "Schlurchmarke" :

Beim mittelständischen Sportausrüster aus dem württembergischen Hollenbach hat man den drohenden Imageschaden derweil erkannt. Seit Dienstag arbeitet man im Hintergrund an einer Lösung mit Baade, ließ bereits die angedrohte Vertragsstrafe fallen. „Sie meinten, die Forderung sei ein ganz normaler Vorgang. Der wäre sofort erledigt gewesen, wenn meine Anwälte geantwortet hätten, dass ich keinerlei Verantwortung für und Zugriff auf den genannten Nachrichten-Aggregator gehabt hätte“, berichtet Baade.
Darüber hinaus sei ihm auch angeboten worden, den noch ausstehenden Teil der Ursprungsforderung sowie eine Einigungsgebühr, die im Rahmen der Unterlassungserklärung zustande kam – zusammen knapp 1.500 Euro – zu tilgen. Allerdings solle Baade dafür einen neuen Beitrag auf seinen Blog stellen, in dem er das kooperative Verhalten der anderen Seite erwähnt.
Baade soll also auf Wunsch von JAKO erklären, dass sich JAKO kooperativ verhalten hat. Sollte sich die Darstellung Baades als richtig erweisen, stellt sich die Frage, ob JAKO wirklich glaubt, sein beschädigtes Image so wieder zu Verbessern. Von JAKO selbst ist laut TAZ weiterhin nicht viel zu vernehmen:

Andrea Hay von der Jako-Pressestelle ließ mitteilen, dass man an einer gemeinsamen Stellungnahme mit Herrn Baade arbeite, womit wohl der Beitrag auf dessen Blog gemeint ist. Auf Anfrage antwortete sie zudem: „Der Sachverhalt, wie er derzeit auf diversen Internetseiten dargestellt ist, stimmt nicht.“ Für ausführlichere Informationen stand sie allerdings nicht zur Verfügung, genauso wenig, wie die Anwältin des Sportausrüsters, die zurzeit im Urlaub weilt. 
Warten wir also weiter gespannt auf die "richtige" Darstellung des Sachverhalts von JAKO.

Update 6:
Die Süddeutsche zitiert nun erstmals die beanstandeten Sätze aus Baades Blog im Wortlaut.
Blogzwonull traut sich das aber nicht und verweist auf die Süddeutsche.

Update 7:
JAKO veröffentlicht über textberater.com eine Presseerklärung.
Man habe sich juristisch nichts vorzuwerfen, wohl aber überreagiert.
Trainer Baade soll "kein finanzieller Schaden entstehen"

Hier jetzt auch "im Original" auf JAKO.de



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